Siouxsie and the Banshees gehören zu den einflussreichsten Bands der modernen Musikgeschichte. Mit ihrem einzigartigen Sound, ihrer düsteren Ästhetik und ihrer künstlerischen Vision prägten sie den Post-Punk und Gothic Rock nachhaltig. Ihre Karriere erstreckte sich über zwei Jahrzehnte, in denen sie zahlreiche bahnbrechende Alben veröffentlichten, unvergessliche Konzerte gaben und die Musikszene revolutionierten. Diese ausführliche Chronik beleuchtet alle Aspekte ihrer Geschichte – von ihren Anfängen in der Punkszene über die Entwicklung ihrer Musik bis hin zu ihren Mitgliedern, Veröffentlichungen, Studios, Labels und dem bleibenden Vermächtnis, das sie hinterließen.
Die Band wurde 1976 in London gegründet, einer Stadt, die zu dieser Zeit das Zentrum einer kulturellen und musikalischen Revolution war. Die Punkbewegung, angeführt von Bands wie den Sex Pistols, inspirierte eine neue Generation von Künstlern, die nicht nur gegen musikalische Konventionen rebellierten, sondern auch gesellschaftliche Normen infrage stellten. Siouxsie Sioux, geboren als Susan Janet Ballion, und Steven Severin, bürgerlich Steven John Bailey, waren Mitglieder des sogenannten Bromley Contingents – einer Gruppe von Fans der Sex Pistols, die für ihren extravaganten Stil und ihre rebellische Haltung bekannt waren. Beide teilten den Wunsch, selbst künstlerisch tätig zu werden, und beschlossen, eine Band zu gründen.
Ihr erster Auftritt fand am 20. September 1976 beim 100 Club Punk Festival statt, das als eine der Geburtsstätten der britischen Punkszene gilt. Die damalige Besetzung bestand aus Siouxsie am Gesang, Steven Severin am Bass, Marco Pirroni (später Mitglied von Adam and the Ants) an der Gitarre und Sid Vicious (später bei den Sex Pistols) am Schlagzeug. Ohne fertige Songs und ohne Proben improvisierten sie ein 20-minütiges Set, darunter eine experimentelle Version von The Lord’s Prayer. Obwohl der Auftritt chaotisch war, erregte er Aufmerksamkeit und legte den Grundstein für die spätere Karriere der Band.
Nach diesem Debüt begann die Band, ihren Sound zu definieren und ihre Besetzung zu stabilisieren. 1977 traten der Gitarrist John McKay und der Schlagzeuger Kenny Morris bei, die die Band mit ihrem experimentellen Stil prägten. Diese Besetzung nahm 1978 ihr Debütalbum The Scream auf, das in den Morgan Studios in London produziert wurde. Das Album wurde von Kritikern gefeiert und gilt als Meilenstein der Post-Punk-Ära. Songs wie Jigsaw Feeling und Metal Postcard kombinierten rohe Energie mit atmosphärischen Klanglandschaften. Die Single Hong Kong Garden, ein bahnbrechender Song mit asiatisch inspirierten Melodien, wurde ein großer Erfolg und erreichte Platz 7 der britischen Charts.
1979 veröffentlichten sie ihr zweites Album Join Hands, aufgenommen in den AIR Studios. Das Album, das Themen wie Krieg und Verlust behandelte, war düsterer und introspektiver. Doch während der anschließenden Tour verließen John McKay und Kenny Morris die Band abrupt. Siouxsie und Severin standen vor der Herausforderung, Ersatz zu finden, und rekrutierten schließlich John McGeoch (zuvor bei Magazine) an der Gitarre und Budgie (ehemals bei The Slits) am Schlagzeug. Diese neue Besetzung sollte eine der kreativsten Phasen der Band einleiten.
1980 erschien Kaleidoscope, ein Album, das eine deutliche klangliche Weiterentwicklung zeigte. Aufgenommen in den Polydor Studios, experimentierte die Band mit Synthesizern, Drum Machines und ungewöhnlichen Instrumenten. Die Singles Happy House und Christine wurden Hits und unterstrichen die musikalische Vielseitigkeit der Band. 1981 folgte Juju, aufgenommen in den Surrey Sound Studios, das als eines der besten Werke des Gothic Rock gilt. Songs wie Spellbound und Arabian Knights kombinierten dunkle Themen mit hypnotischen Rhythmen und fesselnden Melodien.
1982 veröffentlichten Siouxsie and the Banshees A Kiss in the Dreamhouse, ein opulentes und experimentelles Album, das in den Playground Studios entstand. Es wurde von Kritikern hochgelobt und zeigte die Band auf dem Höhepunkt ihrer kreativen Kräfte. In dieser Zeit spielte auch Robert Smith, der Frontmann von The Cure, als Tourgitarrist bei der Band. Mit ihm nahmen sie 1984 Hyaena auf, das in den Abbey Road Studios entstand und durch seine orchestralen Arrangements und seine epische Atmosphäre beeindruckte.
1986 erschien Tinderbox, aufgenommen in den Hansa Studios in Berlin sowie den Abbey Road Studios. Dieses Album brachte den internationalen Hit Cities in Dust hervor, der die Band auch in den USA bekannt machte. 1987 folgte Through the Looking Glass, ein Coveralbum mit Neuinterpretationen von Songs wie Dear Prudence (The Beatles), Strange Fruit (Billie Holiday) und The Passenger (Iggy Pop). Das Album, aufgenommen in den Master Rock Studios, zeigte die Vielseitigkeit der Band.
Mit Peepshow (1988), aufgenommen in den Olympic Studios, integrierten Siouxsie and the Banshees orchestrale und elektronische Elemente in ihren Sound. Das Album enthielt Hits wie Peek-a-Boo und wurde für seine experimentellen Ansätze gelobt. 1991 veröffentlichten sie Superstition, das in den Real World Studios und den RAK Studios produziert wurde. Der Song Kiss Them for Me wurde ein großer Erfolg in den USA und erreichte Platz 23 der Billboard-Charts. Ihr letztes Studioalbum, The Rapture (1995), aufgenommen in den Chipping Norton Studios, markierte eine Rückkehr zu experimentellen Klängen und war ein würdiger Abschluss ihrer Diskografie.
Die Band veröffentlichte ihre Musik hauptsächlich bei Polydor Records, während ihre späteren Werke in den USA über Geffen Records erschienen. Mit ihrem eigenen Sublabel Wonderland Records sicherten sie sich kreative Freiheit. Zu den zahlreichen Mitgliedern, die im Laufe der Jahre die Band prägten, gehörten Kenny Morris, John McKay, John McGeoch, Budgie, Martin McCarrick (Keyboard, Akkordeon) und Jon Klein (Gitarre).
Auch nach der Auflösung der Band 1996 bleibt ihr Einfluss ungebrochen. Künstler wie Radiohead, The Cure, Massive Attack und viele andere nennen Siouxsie and the Banshees als Inspiration. Siouxsie Sioux begann eine erfolgreiche Solokarriere und veröffentlichte 2007 das Album Mantaray. 2023 kehrte sie triumphal auf die Bühne zurück, was die zeitlose Relevanz ihres Werks unterstreicht. Ihr Vermächtnis ist ein Symbol für Innovation, künstlerischen Mut und die Fähigkeit, musikalische und kulturelle Grenzen zu sprengen.



